Das Positionspapier der GGG: einstimmig beschlossen

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Ein kurzer Überblick

Dieter Zielinski

In den mehr als 50 Jahren ihres Bestehens hat sich die GGG immer wieder vor dem Hintergrund der jeweiligen bildungspolitischen Situation zur Lage der Schulen des gemeinsamen Lernens und ihrer Entwicklungsperspektiven geäußert. Sie hat dabei stets das Ziel der Umgestaltung des selektiv ausgerichteten deutschen Schulsystems hin zu einem Gesamtschulsystem1 im Blick behalten.

Gegenwärtig befindet sich unser Bildungssystem in einer Krise von bisher nicht gekanntem Ausmaß, was sich an zahlreichen Symptomen festmachen lässt. Dazu gehören u.a. eine gravierende von der sozialen Herkunft abhängige Bildungsungerechtigkeit, die nicht eingelöste Verpflichtung die Inklusion vollständig umzusetzen und ein eklatantes Leistungsversagen. Konsens in gesellschaftlicher und politischer Debatte besteht darin, dass grundsätzliche Reformen im Bildungsbereich erforderlich sind. Für uns bedeutet dies, dass die Zeit reif für die „Eine Schule für alle“ ist. Dass wir mit dieser Forderung nicht alleine stehen, zeigen u. a. Beschlüsse der GEW auf ihrem diesjährigem Gewerkschaftstag sowie der Landesschülervertretungen von Berlin und Nordrhein-Westfalen.

Im Herbst 2024 befasste sich der Hauptausschuss der GGG erstmals mit der Frage, welche Maßnahmen in dieser Situation dazu beitragen könnten, unserem Ziel Schritt für Schritt näher zu kommen. In dem folgenden mehr als einjährigen Prozess entstand schließlich unter Beteiligung aller GGG-Mitglieder das in der Mitgliederversammlung verabschiedete Positionspapier „Zur Weiterentwicklung der Schulen des gemeinsamen Lernens“.

Das Papier hat eine doppelte Zielsetzung. „Nach innen geht es um die Verständigung der GGG auf eine gemeinsame Strategie, nach außen um das Signal, dass die Verwirklichung der „Einen Schule für alle“ wieder auf der Agenda steht und von uns zusammen mit zahlreichen anderen bildungspolitischen Akteuren mit Nachdruck und zeitlicher Perspektive verfolgt wird.“ (Zitat aus dem Positionspapier)

Worum geht es in dem Positionspapier?

Inhaltlich entwickelt das Papier nach einem einleitenden Aufriss der Problemlage in der Einleitung Maßnahmen in Form von Zielvorstellungen und Entwicklungsschritten in drei Handlungsfeldern:

  1. Positionen zur Weiterentwicklung der Schulstruktur
  2. Positionen zur Schul- sowie Unterrichtsentwicklung und Pädagogik
  3. Positionen zur Ausstattung und Personalversorgung der Schulen

Zu 1. Positionen zur Weiterentwicklung der Schulstruktur

Die zentrale Zielvorstellung ist die Verwirklichung des Rechts auf ein inklusives Schulsystem. Beschrieben werden u. a. Schritte des Ausbaus bzw. der Erweiterung des Gesamtschulangebotes sowie strukturelle Erfordernisse der Ausgestaltung der Schulform (Oberstufenangebot für alle Schulen, gebundene Ganztagsschulen, Langformschulen). Pädagogisch orientiert sind die Forderungen nach dem Verzicht auf eine Kategorisierung von Schülerinnen und Schülern, dem Verbot von „Abschulungen“ und der Weiterentwicklung der Schulabschlüsse.

Zu 2. Positionen zur Schul- sowie Unterrichtsentwicklung und Pädagogik

Gefordert wird die Ausrichtung des pädagogischen Handelns an den Stärken der Schülerinnen und Schüler. Damit nicht verträglich sind eine äußere Fachleistungsdifferenzierung sowie Leistungsrückmeldungen in Form von Zensuren. Das gilt nicht nur für die Sekundarstufe I, sondern auch für die Sekundarstufe II . Zur Erreichung der pädagogischen Ziele soll die Eigenverantwortung der Schulen gestärkt und der Austausch zwischen den Schulen durch lernende Netzwerke unterstützt werden. Bejaht wird eine datengestützte Schul- und Unterrichtsentwicklung, die dem Lernprozess der Schülerinnen und Schüler dient. Eine missbräuchliche Verwendung solcher Daten im Sinne einer defizitorientierten Diagnostik wird abgelehnt. Schließlich wird die Ermöglichung eines bekenntnisfreien Unterrichts gefordert.

Zu 3. Positionen zur Ausstattung und Personalversorgung

Im Zentrum dieses Handlungsfeldes stehen Forderungen nach einer bedarfsgerechten Finanzierung des Bildungssystems. Dazu gehören eine sozialindexbasierte Verteilung der Ressourcen auf die Schulen, eine Aufhebung des Kooperationsverbotes sowie der Ausbau und die Verstetigung der Digitalisierung. Gefordert wird zudem eine aufgabenadäquate, den Erfordernissen einer inklusiven Schule angepasste Personalversorgung mit allen dazu erforderlichen Professionen. Eine Weiterentwicklung der Schulen im Sinne des Positionspapieres erfordert schließlich auch eine Neuausrichtung der Lehrkräftebildung, die sich an den Lernbedürfnissen aller Schülerinnen und Schüler sowie den Anforderungen einer inklusiven Schule orientiert.

Das Positionspapier schließt mit dem Fazit, dass die GGG grundsätzlich die Umgestaltung des deutschen Schulsystems in ein Gesamtschulsystem fordert. Als Voraussetzungen dafür werden genannt:

  • die überzeugende Arbeit der Schulen des gemeinsamen Lernens,
  • die gesellschaftliche Zustimmung sowie
  • der politische Wille zu den erforderlichen Entscheidungen.

Das Papier endet mit den Sätzen: „Damit werden der soziale Zusammenhalt und unser freiheitlich-demokratisches System gestärkt. Ein Gesamtschulsystem ist die Grundlage von Bildungsgerechtigkeit in der Demokratie.“

Das Papier wurde am 27.09.2025 einstimmig von der Mitgliederversammlung in Bad Sassendorf beschlossen.

1 Der Begriff Gesamtschule umfasst alle Schulen des gemeinsamen Lernens. Diese heißen in den unterschiedlichen Bundesländern Gemeinschaftsschule, Gesamtschule, Integrierte Sekundarschule, Oberschule und Stadtteilschule. Sie zeichnen sich u. a. dadurch aus, dass sie sich als inklusive Schulen verstehen, die zu allen Abschlüssen führen.

Artikel aus Die Schule für alle  Heft 2025/4