Presse­mit­tei­lung 2024-09-22:

Eine Stellungnahme der GGG zu den Wahlergebnissen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg

Mit großer Sorge blicken die Mitglieder des GGG-Hauptausschusses, der vom 20.09. bis zum 22.09.2024 in Bad Sassendorf getagt hat, auf die Landtagswahlergebnisse in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Die in den ersten beiden Ländern als gesichert rechtsextrem, in Brandenburg als Verdachtsfall eingeschätzte AfD hat Wahlergebnisse erzielt, die ihr weiteren politischen Einfluss ermöglichen. Schon jetzt hat die AfD über ihre parlamentarische Präsenz erheblichen Einfluss auf die politische Debatte, sollte sie an der Regierung beteiligt werden, wäre sie in der Lage, ihre grundgesetzwidrigen, dem Menschenrecht widersprechenden Vorstellungen auch im Bildungsbereich umzusetzen.

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Wegen der Kulturhoheit der Länder können über die Gestaltung von Lehrplänen und Stundentafeln Schulleben und Unterricht schnell grundlegend verändert werden. Die Auswirkungen nicht nur auf Lehrkräfte und Schüler:innen, sondern auch auf die gesamte Gesellschaft wären fatal.

Es ist ein erklärtes Ziel der Neuen Rechten, zu der auch die AfD gezählt wird, unsere Gesellschaft zu einem homogenen völkischen Staat, in dem die darin lebenden Menschen allein die deutsche Kultur teilen, umzuformen. Da hätten Gesamtschulen und Gemeinschaftsschulen, die erfolgreichen Schulmodelle in Thüringen, Sachsen und Brandenburg, keinen Platz mehr. Noch im Mai dieses Jahres haben wir uns auf unserem Bundeskongress in Dresden von der Qualität der Gemeinschaftsschulen überzeugen können, deren Schul- und Unterrichtsentwicklung den bildungspolitischen Herausforderungen (Inklusion, Integration) zeitgemäß und erfolgreich begegnet.

Die Vorstellung der GGG von einer demokratiestiftenden Schule, in der Teilhabe praktiziert und Vielfalt als Chance gesehen wird, entspricht nicht dem Menschenbild der AfD. Deren Idee, den Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund in Schulen auf maximal 10 % zu begrenzen (Brandenburg), die Ablehnung der Inklusion (Thüringen) und einer die Vielfalt von Lebensentwürfen wertschätzende Sexualerziehung zeugen von einer grundsätzlich völkischen, rechtspopulistischen, auch elitären Haltung: In Sachsen will sie die Abiturient:innenquote senken.

Statt Demokratiebildung, ein zentraler Bestandteil des staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrags der Schule, fordert sie „weniger Ideologie“ an Schule. Ihre Interpretationen des Neutralitätsgebotes sowie des Schulfriedens sind darauf gerichtet, eine Auseinandersetzung mit ihrer eigenen grundgesetzwidrigen Ideologie zu verhindern. Dazu passt auch, dass die AfD in der Vergangenheit über sogenannte Infoportale versucht hat, Lehrkräfte anzuprangern und mit Drohungen einzuschüchtern.

Für uns ist besonders erschreckend, dass der Populismus der AfD gerade bei den Jungwähler:innen verfängt. In Thüringen erreichte die AfD mit 36 % die meisten Stimmen bei den 18–24-jährigen und ist damit stärkste Kraft in dieser Altersgruppe. In Sachsen kam sie bei den Jungwähler:innen mit 30 % immerhin auf Platz zwei.

Was tun?

  • Wir meinen, dass neben einer Aufklärung über die Ziele der AfD vor allem Menschenrechte und Demokratie nicht nur Inhalte im Lehrplan, sondern Fundament des Schullebens selbst sein müssen. Nur dann lernen Schüler:innen den Wert von Demokratie zu schätzen und zu verteidigen – gegen Extremismus im Innern sowie gegen Einflussnahmen von außen, so durch hetzerische Videoclips und -kanäle. Da hilft keine halbherzige „Neutralität“, sondern nur entschiedenes Eintreten für die Werte des Grundgesetzes durch alle an Schule Beteiligten. Die GGG will durch Kongresse, Fortbildungen und Interessenvertretung ihren Beitrag leisten, eine demokratische Schulkultur zu unterstützen, vor allem in Bundesländern, in denen die AfD sehr stark geworden ist.
  • Wir fordern alle demokratischen Parteien dazu auf, jetzt zusammenzustehen und gemeinsam Lösungen zu finden. Statt populistischen Vorstellungen auf den Leim zu gehen, so wie kürzlich Friedrich Merz, der eine uns überfordernde Migration u. a. für den schlechten Zustand unserer Schulen verantwortlich macht, geht es vor allem darum, Schulen entsprechend ihren Herausforderungen auszustatten, damit Kinder und Jugendliche endlich die gleichen Chancen auf Bildung erfahren und nicht weiterhin der Schulabschluss in Deutschland von Status oder Geldbeutel der Eltern abhängig ist. Ein verbindlicher Sozialindex zur Steuerung von Mittel- und Lehrkräftezuweisung kann hier helfen!
  • Mit Sorge betrachten wir Debatten darüber, die AfD durch eine Regierungsbeteiligung zu „entzaubern“. Wer solche Vorschläge macht, ignoriert die katastrophalen Folgen insbesondere im Bildungsbereich. Wer die AfD in Verantwortung lässt, gefährdet die demokratische Kultur an ihrer empfindlichsten Stelle: Kinder und Jugendliche.

Wir fordern von allen demokratischen Parteien, die demokratische Kultur im Bildungswesen zu stärken und jegliche Regierungsbeteiligung der AfD zu verhindern.

Dieter Zielinski
Für den Hauptausschuss der GGG